Näheren Aufschluss über die Baugeschichte gab ein Vortrag des Kunsthistorikers Dr. Peter Ruderich in Kloster Langheim auf Einladung des CHW, den die Neue Presse am 1.12.2000 wie folgt wiedergab: Begehrlichkeiten um VierzehnheiligenKunsthistoriker Dr. Peter Ruderich zeichnet Geschichte nachKlosterlangheim (Ost). „Wir seynd die vierzehn Nothelfer und wollen eine Kapellen haben", hörte der Schäferssohn Heinrich,am Peter- und-Pauls-Tag 1448. Diese dritte Erscheinung am langheimischen Schäferhof Frankenthal führte zur Entwicklung der Wallfahrt nach Vierzehnheiligen. Dr. Peter Ruderich, sachkundiger Bamberger Kunsthistoriker, zeichnete die Geschichte der „Kapellen" nach bis hin zur weltberühmten Basilika Vierzehnheiligen. Die Heimatfreunde Klosterlangheim und die CHW-Gruppe Lichtenfels hatten zu diesem Vortrag in die Schule für Dorf- und Flurentwicklung eingeladen, also in den ehemaligen Bibliothekssaal des Klosters Langheim. An dieser historischen Stelle haben vor 270 Jahren Abt und Konvent über den Neubau der Wallfahrtskirche beraten. Gegen anfängliche Skepsis des Klosters entwickelte sieh die Wallfahrt, sodass Langheim schon nach wenigen Jahren eine Kirche zu Ehren Mariens und der Nothelfer baute - und handfeste Auseinandersetzungen um die Wallfahrtseinnahmen provozierte. Bistum und die Gebietspfarrei Staffelstein erhoben Ansprüche, die in einem Kompromiss geregelt wurden. Staffelstein wurde abgefunden, der Bischof erhielt gegen 50-prozentige Beteiligung an den Bauunterhaltskosten ein Drittel der Einnahmen, Kloster Langheim verblieben zwei Drittel. „Ursprung der Wallfahrt war eine Christus-Erscheinung, aber die vierzehn rot-weiß gekleideten Kindlein wurden Individuen, die Nothelfer-Verehrung nahm zu", konstatierte Ruderich. Bald schon kamen Pilger aus dem Raum zwischen Torgau und Graz, der Schweiz und vom Mittelrhein, ganze Wallfahrergruppen aus Franken, Hessen, Thüringen und dem Egerland. So kaufte Kloster Langheim, auf seine Souveränität und Einnahmen bedacht, 1506 dem Bischof sein Drittel der Einnahmen ab (auf Widerruf) und erlebte ein Fiasko: In den Bauernkriegen 1525 plünderten die Staffelsteiner die reiche Ausstattung von Vierzehnheiligen und brannten die Kirche nieder. Erst 1543 wurde die Wallfahrtskirche neu geweiht. Die Nothelferverehrung wuchs dennoch zu einer der größten deutschen Wallfahrten - „um 1700 kamen jährlich durchschnittlich 10 000 Pilger nach Vierzehnheiligen", erläuterte Peter Ruderich und schilderte detailliert den Hintergrund des Neubaus. Das selbstbewusste Kloster Langheim kämpfte jahrhundertelang um seine Selbstständigkeit als exemptes, vom Bistum unabhängiges Kloster und wollte durch repräsentative, höfische Bauten seinen Status unterstreichen. Nachdem Bamberg sein Drittel zurückerworben hatte, entwickelte sich zwischen dem Langheimer Abt Stefan Mösinger und dem Bamberger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn eine intensive Auseinandersetzung um den Neubau der Wallfahrtskirche zum 300. Jubiläum der Erscheinung. Kloster Langheim baute seine Barockbauten und legte einen Bauplan von Gottfried Heinrich Krohne vor, der Vierzehnheiligen repräsentativ, aber preiswert, entwarf. Der bischöfliche Architekt J. G. Küchel antwortete mit dem Entwurf einer riesigen Basilika, deren Kosten weitere Bauten in Langheim verhindert hätten. Beide Parteien einigten sich auf einen Plan von Balthasar Neumann, der Vierzehnheiligen als verkleinertes Abbild der neu konzipierten Klosterkirche in Langheim vorsah. Abt Mösinger ließ den Entwurf allerdings vom bauleitenden Architekten Krohne überarbeiten und verändern. Ende 1746 besichtigte Balthasar Neumann die Baustelle und erhob schärfsten Protest gegen die „lutherischen Seitensprüng" des Neubaus. Nach diplomatischen Verhandlungen Langheim-Bamberg wurde Architekt Krohne „in die Wüste geschickt", ein Entwurf des Baumeisters Maximilian v. Welsch verworfen und schließlich die Neuplanung Neumanns akzeptiert. „Baugeschichtlich darf's so etwas gar nicht geben", kommentierte Peter Ruderich den endgültigen Vierzehnheiligen-Plan Neumanns, auf dem Krohne-Bauteilen entwickelte der eine Zentrale rings um. den Erscheinungsort mit einer kühnen Deckenkonstruktion. „Bis heute ist völlig unklar, welche mathematischen Kenntnisse für die ovalen Gewölbe verwandt wurden", Ruderich deutete vorsichtig an, dass vielleicht ballistische Geschosskurven dem Militärbaumeister Balthasar Neumann als Vorbild dienten. Fassade und Innenraum wurden schließlich von der Nachfolgegeneration geschaffen. Unter Abt Limmer setzte der heimische Baumeister Johann Thomas Nissler die kühnen Gewölbe, die besten Künstler des Rokkoko malten, stuckierten und schufen den Gnadenaltar durchsichtig zum Hochaltar hin als besondere theologische Aussage.[…] |