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Blick zur Spitalkirche
(links) und zum Bamberger Tor (Bildmitte). Im Hintergrund die
Türme der Stadtpfarrkirche und des oberen Tores. Das Gemälde aus dem
Jahre 1828 befindet sich im Besitz der Staatl. Bibliothek Bamberg.
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Einen äußerst lebendigen Bericht von diesem ersten Freischießen
und ein anschauliches Bild von der Landschaft, in der es stattfand, gibt
uns Bibliothekar Jäck in seinem Taschenbuch Bamberg und dessen Umgebung".
Jäck schreibt:
Plötzlich rollte ein außerordentlicher Kanonendonner
den Maingrund herab, dicke Rauchwolken erheben sich zwischen Banz
und 14-Heiligen im fernsten Hintergrund, die ganze Länge der Chaussee
ist mit Reisenden so bedeckt, dass es den Anschein gewinnt, als
wären alle Bewohner der Stadt Bamberg durch jenen Kanonendonner
aus ihrem Schlummer erweckt worden.
Neugierig nach der ungewöhnlichen Erscheinung eilen wir
den Berg hinab in unsern Wagen und folgen der Rauchwolke entgegen
der langen Reihe von Karossen nach . . . Nur unter flüchtigen Seitenblicken
auf den perpendiculär sich erhebenden Staffelberg und der auf das
schöne Gut Au gelangen wir in Staffelstein an. wo wir durch die
wiederholten Stöße, welche wir vom schlechten Pflaster leiden, nur
noch heftiger in unserm Wortwechsel werden. Endlich eröffnet sich
der schönste Grund des Bamberger Landes durchschlängelt vom Main
in 100 Krümmungen -, beherrscht vom Staffel- und Banzer Berge. Während
wir uns mit dem Plane beschäftigen, die äußerst schöne Wallfahrtskirche
von 14-Heiligen bey dieser schicklichen Gelegenheit zu besuchen,
ruft uns die Glocke der rivalisierenden Nachbarin zur wiedergeborenen
Rosenkranz-Bruderschaft . . .
Der Kanonendonner wird unterdessen vernehmlicher, die
Rauchwolke vergrößert sich, die schönste militärische Musik durchdringt
unser Innerstes, unsere Geruchsnerven werden durch die ungewöhnlichen
Dämpfe von Bratwürsten gereizt, das Städtchen Lichtenfels - einst
nur der Burgsitz eines Großen gleichen Namens liegt vor uns in seiner
ganzen Ausdehnung; unsere Sehnsucht steigt und unsere Rosse, deren
Magenwände sich zu reiben scheinen, eilen mit beflügelten Schritten
dahin. In der Linie des Burgberges, dessen einst reiche Bewohner
(z. B. von Orlamund) ihren Sitz der ärmsten Classe von Tagelöhnern
eingeräumt haben, zeigt sich uns eine eckelhafte Abbildung des gekreuzigten
Jesus und seiner beyden Schächer, welche wahrscheinlich nach dem
Muster der gleich abscheulichen Bildnisse in der mit einem Galgen
(wozu?) noch jetzt versehenen Vorstadt Staffelstein geschnitzt wurden.
Hinter dem Bürgerspitale und einigen anderen Gebäuden, welche als
die erste Vorstadt im nächsten Jahre noch durch eine Reihe gleich
geformter Häuser vermehrt werden sollen, ist die von Mauern und
Gräben eingeschlossene Stadt versteckt; ein hoher Wachtthurm von
alten festen Sandsteinen mit dem Wappen des Orts Lichtenfels und
des Fürstb. Joh. Gottfried v. Aschhausen v. 1618 eröffnet uns den
durch ein altes Vorgebäude verfinsterten Eingang. Die gerade holperichte
Landstraße führt uns neben dem aus den Ruinen des Burgschlosses
erbauten Rathhause auf den breiten Marktplatz, wo sich soeben 36
Karossen voller Lustreisender zusammendrängen. Wir verlassen eilig
unseren Wagen, um in einem der beyden Gasthäuser ein gutes Nachtquartier
vor Andern zu bestellen; allein auch bey der größten Eilfertigkeit
kommen wir zu spät, indem die Fremdlinge der 34 Chaisen schon die
wenigen Gastzimmer in Besitz genommen haben. So tröstet uns schon
der Wirth mit der vom K. Landgerichte getroffenen Einrichtung, dass
alle übrige Fremde in den Gebäuden anderer wohlhabender Bürger Nachtquartier
finden würden. Froh, uns aus dieser ungewöhnlichen Verlegenheit
wieder befreyt zu wissen, wandeln wir durch eine lange Seitenstraße
über zwey Kanäle des Mains dem Schießplatz zu, welcher erst am Ende
der Stadt sichtbar wird.
Plötzlich
stellte sich das ganze Etablissement zum Vergnügen unserem Auge
dar; unzählige Menschen durchkreuzen sich hier auf dem schönsten
Wiesengrunde unter dem wohlthätigsten Schatten und höchst aromatischen
Geruche 100jähriger Lindenbäume. Zur Rechten ist eine hohe Vogelstange
und ihr gegenüber ein niedliches chinesisches Haus errichtet, dessen
vier grüne Vorhänge die Scharfschützen gegen Sonne, Wind und Regen
in gleichem Maße sichern. Diesem zur Seite steht ein sehr geschmackvoll
koloriertes italienisches Gebäude von 60 Schuhen in der Länge -
20 in der Breite und Höhe mit drey vorspringenden Pavillons; neugierig
nach dessen innerer Einrichtung betreten wir es sogleich durch die
nahe Seitenthür. In diesem Hause finden wir zahlreiche Diener der
Schützen mit dem Laden der Büchsen zum Erringen des Ehrenpreises
so beschäftigt, dass man sich ohne zu genieren kaum durchwinden
kann. Wir bleiben vor der Barriere des ersten Pavillons stehen,
in welchem sich der Protokollist über die einzelnen Schüsse beschäftigt;
der Schützenmeister (diese Ehrenstelle wird in kleinen Städten gewöhnlich
den reichen Bürgern überlassen; auch in Lichtenfels ist sie dem
H. Hauptmann der Bürgermiliz, kön. Salzfactor, Besitzer sehr vieler
Walddistrikte - einer Potagen- und Porzellanfabrik, Groß- und Kleinhändler
in Tuch-, Galanterie- und Spezereywaaren, Spediteur, Kommissionär,
Holzhändler engros Felix Silbermann anvertraut) kommt uns entgegen.
Wir . . . entrichten das bestimmte Opfer zur Aufnahme in die Gesellschaft,
und begeben uns mit einem blau-weißen Ordenszeichen beehrt einstweilen
zur Ansicht der übrigen Anstalten durch die entgegengesetzte Flügelthüre.
Erst hier bemerken wir, dass das ganze Viereck zum dreyfachen
Scheibenstande verplankt und mit jungen Pappelbäumen, welche über
den neugierigen Pöbel wohltätigen Schatten verbreiten, besetzt ist.
Auch das mit einer blauweißen Fahne gezierte Schießhaus maßkirt
den Stamm einer tausendjährigen Linde, deren Seitenäste sich weit
über dasselbe ausbreiten, und deren Haupt sich hoch in den Wolken
verliert. Dicht an dieses Haus reihen sich fünf Zelte, deren jedes
zur Aufnahme einer großen Familie hinlänglichen Raum bietet . .
. An diese kleineren Zelte schließt sich ein allgemeines Gastzelt
zum Bewirthen zahlreicher Fremden an; nach einem schmalen Zwischenraume
folgt ein langes breites und hohes Gebäude mit Fichtenstrauch zierlich
umwunden. Noch unbekannt mit dessen Zwecke ist uns ein Einheimischer
mit der Belehrung willkommen, dass dieses nach dem Muster des französischen
Schlosses Trianon errichtete Gebäude zum Tanze bestimmt sey. Gleich
daneben sehen wir eine Reihe Dampfmaschinen zu Bratwürsten und anderen
Fleischspeisen, deren Geruch sich in die weiteste Umgebung verbreitet.
Hinter einer langen Reihe von kleineren Zelten und Hütten belustigt
sich die männliche und weibliche Jugend dem Geiste unseres reitlustigen
Zeitalters gemäß auf einem Karoussell von 4 Pferden, und eine große
Halle schützt die Spieler von zwey Kegelbahnen vor zu großer Sonnenhitze.
Mühsam wenden wir uns auf der Rückkehr durch die vermehrte
Volksmenge zu den hinter dem Tanzhause aufgestellten Buden von Galanterieund
Zuckerwaren, wohin die manigfaltigsten Gegenstände Käufer aus allen
Gegenden locken, und kehren endlich in das Schießhaus zurück, um
unsere Kunst an der Vogelstange sowohl als Scheibe zu erproben.
Noch haben wir das Ziel nicht erreicht, und die Trompete ruft uns
schon zur Tafel in das allgemeine Gasthaus.
Daß diese neue Anlage aus allen Gegenden einen außerordentlichen
Zusammenfluß von Menschen bewirken würde, war um so gewisser zu
erwarten, je bekannter schon die Stimmung der Einwohner von Lichtenfels
für Freuden des Lebens besonders seit der Errichtung des Gesellschaftstheaters
geworden ist, und je leichter und ungezwungener auch jeder Fremde
mit ihnen sympathesiren kann; dass sich aber zur Table d'Hotes noch
mehr Fremde einfinden würden, als der Raum erlaubt, und dass die
Einheimischen aus Delicateß sich zurückziehen würden, um den Fremden
Platz zu geben, übertrifft noch unsere Erwartung. Die Auswahl, Zahl,
Mischung und Zubereitung der seltensten und kostspieligsten Speisen
setzten uns bald außer Zweifel, dass der Koch und Leiter des ganzen
Tisches, Heinrich Krappmann, in großen fürstlichen Hofküchen müsse
erzogen und gebildet worden seyn. Die durch Rollzüge nach Belieben
beweglichen Seitenwände von Leinwand öffnen der äußeren Atmosphäre
einen freyen Zutritt in das von Menschen angefüllte allgemeine Gastzelt.
Die muntersten Gespräche, reine Getränke, und ein vollständiges
Orchester würzen die niedlichen Speisen, und stimmen die Gemüter
aller Anwesenden zur besonderen Fröhlichkeit. Zahlreiche Toasts
unter dem Kanonendonner, Trompeten- und Paukenschalle auf das Wohl
des königlichen und herzoglichen Hauses sowohl als der ganzen Gesellschaft
schließen das festliche Mahl . . .
Der Abend nahet unterdessen heran, wir schreiten durch
das unthere Thor* auf der Hauptstraße der Stadt vor, unsere Aufmerksamkeit
wird wieder durch eine außerordentliche Erscheinung gefesselt; das
Zusammenströmen der festlich gekleideten Stadtbewohner nach dem
in der Mitte stehenden Rathhause bringt uns auf die Vermuthung,
dass nach dem öffentlichen Anschlagzettel soeben Thaliens Tempel
daselbst geöffnet wird . . . Zum heutigen Sujet ist der Fridolin
von Holbein gewählt worden; die Zahl der Zuschauer wird außerordentlich
groß.
Nach
beendigtem Schauspiele eilte die große Menge von Zuschauern und
Spielern dem Schießhause wieder zu, wo selbst bereits der Ball im
Trianon eröffnet ist. Dieses durch vier Lustres erleuchtete Tanzhaus
öffnet sich durch zwey große Thüren in den Wiesengrund, auf welchem
die erhitzten Tänzer im Mondschein sich abkühlen können; in der
Mitte des Saales ist eine Erhöhung, auf welcher die einheimischen
berühmten Tonkünstler die schönsten Proben ihrer musicalischen Fertigkeit
geben. Dadurch wird derselbe in zwey Theile gleichsam geteilt und
der unschätzbare Vortheil gewonnen, dass die eigentlichen Honorationen
und civilisirteren Bürgerlichen zwey geschlossene Reihen bilden,
und auf diese Art jede Kollission beseitigen können. Doch diese
ist auch nicht von ferne zu besorgen: vielmehr gehen alle Anwesende
so harmonisch und vertraulich mit einander um, dass man glauben
sollte, sie gehören zu einer einzigen großen Familie. Tritt eine
musicalische Pause ein, so zieht man sich theils in das allgemeine
Gastzelt, theils in eines der außen und innen beleuchteten Privatzelte
zurück, oder drängt sich an einer der beiden Bogenöffnungen zu der
im Hintergrund des Tanzsaales angebrachten Spieshalle, aus welcher
Erfrischungen jeder Art in großen Pokalen gereicht werden. Vom übergenuße
der Vergnügungen betäubt, lassen wir uns endlich in die uns bestimmten
Privathäuser führen, um uns zur Ruhe, zu begeben.
So durchkreuzten sich die Festlichkeiten jeden Tag der
Woche; erst die wiederkehrende Morgensonne setzte der Fröhlichkeit
der Tänzer Schranken und gebot ihnen, sich für den kommenden Tag
durch einen kurzen Schlaf neue Kräfte zu geben. Der letzte Tag war
der feyerlichste geworden durch die Anwesenheit seiner Durchlaucht
des Herzogs Wilhelm von Baiern und durch eine Menge anderer höherer
Personen aus Bamberg. Höchstdieselben kamen mit einer kleinen Suite
zwischen 10 - 11 Uhr in Lichtenfels an: am Thore und am Schießplatze
paradirte das Bürgermilitär, Trompeten und Pauken erschollen - unter
dem lebhaftesten Donner der Kanonen - von der platten Verdachung
des Schießhauses; der kurz davor unterrichtete H. Landrichter Schell
und H. Schützenhauptmann hatten die Ehre, Se. Durchlaucht im Namen
der ganzen Gesellschaft zu empfangen und von allen Verhältnissen
zu unterrichten. Gegen 7 Uhr abends kehrten Höchstdieselben zusammen
sehr vergnügt nach Bamberg zurück, und gaben zwey Tage hernach bey
der Preisverteilung Höchst-Ihre besondere Zufriedenheit in einem
gnädigsten Handbillet und durch eine schwere goldene Medaille mit
dem Bilde von Höchst-Ihnen und der Durchlauchtigsten Frau Gemahlin,
welche wie ein Ordenszeichen der Schützengesellschaft zum ewigen
Andenken und bey den jährlichen Feierlichkeiten dem Hauptmanne zur
besonderen Decoration dienen wird, zu erkennen. Auch die Tonkünstler,
welche an diesem trüben Tage vorzüglich zur erhöhten Munterkeit
der zahlreichen Gäste beygetragen hatten, und die flüchtigen Bedienten
wurden von HöchstDenselben reichlich beschenkt.
Die dicke Finsterniß in der Nacht jenes Donnerstags wurde
durch Beleuchtung des Schießhauses auf geraume Zeit wieder verscheucht.
Während dieser Illumination wurde auch ein Feuerwerk abgebrannt,
welches sich aber durch die Ungeschicklichkeit der Fabrikanten desselben
beinahe auf eine für viele Menschen sehr tragische Art beendigt
hätte.
Zur Beförderung dieser Festlichkeiten trugen alle Jahre
und besonders am zweyten Tage die Honoratien von Koburg durch zahlreiche
Theilnahme ganz vorzüglich bey, und erprobten auf diese Art vom
Neuen die schöne Eintracht, welche zwischen den Bewohnern von Lichtenfels
und Koburg schon seit Jahrhunderten herrscht. Die ausgezeichnete
Achtung, mit welcher man ihnen hier zu begegnen suchte, haben sie
während des Freischießens außer ihrem Stadtbezirke im vollsten Maße
erwiedert. Dazu waren ihre glänzenderen Anstalten, zu deren ausführlicher
Beschreibung sich vielleicht einst Gelegenheit geben wird, sehr
beförderlich.
Auch die Schützengesellschaft von Cronach bewies ihre
lebhafte Theilnahme an den Festins zu Lichtenfels durch einige Abgeordnete,
aus welchen einer sogar den ersten Preis daselbst gewann: sie behielt
sich vor, die empfangenen Gefälligkeiten den Einwohnern von Lichtenfels
zu erwiedern und hat ihr Wort redlich erfüllt." 2)
Vergleicht man dieses einmalige Schützenfest mit heutigen
Veranstaltungen, wird man viele Parallelen feststellen können. Damals
wie heute nahm die Bevölkerung starken Anteil an den gesamten Festlichkeiten.
Auch der Kontakt mit anderen Schützengesellschaften, wie hier mit denen
von Coburg und Kronach, war bereits sehr eng. In den Schützenvereinen
lässt sich aber ein Wandel erkennen. Ihre Mitglieder kommen heute aus
allen Schichten der Bevölkerung, die Schützengesellschaften sind nicht
mehr ein Privileg des wohlhabenden Bürgertums.
Man mag wohl der euphorischen Schilderung des Bibliothekars
Jäck mit Skepsis gegenüberstehen, dennoch muss dieses Schützenfest im
Jahre 1811 als eines der bedeutendsten der Lichtenfelser Schützengesellschaft
gesehen werden.
Der Verein war für seinen ersten Versuch verhältnismäßig
groß. In der Zeit vom 21. bis 25. Juli 1811 traten 74 Personen der Schützengesellschaft
bei. Darunter waren 28 Lichtenfelser, 12 Kronacher, 5 Coburger und 4 Bamberger,
während die übrigen aus dem Umland kamen.
Wer am Schießen teilnehmen wollte, musste mindestens für
ein Jahr Mitglied der Gesellschaft sein. Im Gründungsjahr konnte der Verein
auch einige höchst vornehme Herren als Ehrenmitglieder in seinen Listen
verzeichnen, so z. B. Herzog Wilhelm von Bayern, den Schloßherrn zu Banz,
Stephan Freiherr von Stengel, den Regierungspräsidenten des Obermainkreises,
und den Herzoglich Bayerischen Hofmarschall Generalmajor Baron von Massenbach
aus München. Das Herzogliche Haus in Coburg war vertreten durch den Reichsmarschall
und Türkenbezwinger Prinz Friedrich Josias.3)
Für die Jahre 1818 bis 1834 sind nur spärliche Nachrichten
über den Fortgang des Schützenwesens vorhanden. Ab 1819 wurde darauf verzichtet,
die mit so großem Erfolg begonnenen Schützenfeste fortzuführen. Der hohe
Aufwand für die Durchführung der glänzenden Feste konnte wohl auf die
Dauer nicht getragen werden. Zwangsläufig folgte dem schwungvollen Auftakt
eine Zeit des Rückgangs und der Ermüdung.
Doch die Menschen erinnerten sich gerne an die stolzen Tage
von 1811 bis 1818. Als der Kaufmann und Magistratsrat Johann Baptist Silbermann,
ein Sohn des oben erwähnten Felix Silbermann, sich entschloss, die alte
Tradition fortzuführen und pflegen zu wollen, folgten viele seinem Beispiel.
Im Jahre 1834 erneuerten 74 Männer aus Lichtenfels und der näheren Umgebung
ihre Mitgliedschaft bei der Gesellschaft oder traten dem Verein bei.
Am 29. Mai 1834 erfolgte die sogenannte zweite Taufe der
Schützengesellschaft. Die Schützengesellschaft wollte dem Freischießen
einen volksfestartigen Charakter verleihen und deshalb Spiele veranstalten
und zulassen. Dazu musste aber eine Erlaubnis von der Regierung in Bayreuth
eingeholt werden. Die Behörde verbot Hazardspiele, ließ jedoch kleine
und nur zur Erhöhung des Vergnügens dienende Gesellschaftsspiele zu. Solche
Unterhaltungen aber wollten die Schützen. So stand dem Freischießen nichts
mehr im Wege.
1872 wurde das erste und vorläufig einzige Kinderfest gefeiert.
Jubelnd begrüßen unsere Kinder das bevorstehende Kinderfest",
schreibt das Tagblatt, und am 24. Juli war es endlich so weit: mittags
um ein Uhr versammelte sich die Schuljugend am Rathaus. Unter den Klängen
des Musikkorps des 7. Infanterie-Regiments bewegte sich der Zug vom Rathaus
durch das Obere Tor zur Friedenslinde. Voraus marschierten Knaben mit
Fahnen und blauweißen Schärpen, dann folgten die Musik und die städtischen
Fahnen. Auf einem reich verzierten Wagen, der von Jugendlichen gezogen
wurde, konnte man den Kriegsgedenkstein sehen, der an der Friedenslinde
gesetzt werden sollte. Er wurde begleitet von Mädchen in weißen Kleidern
und blauen Schärpen, die Girlanden und Kränze trugen. Zum Schluss kamen
die königlichen und städtischen Beamten und die gesamte Schuljugend -
insgesamt 400 Teilnehmer. An der Friedenslinde erläuterte dann der Bürgermeister
in einer Ansprache den Zweck des Festes und eiferte die Jugend zur Vaterlandsliebe
an. Hierauf folgte unter fortwährendem Kanonendonner die Setzung des Gedenksteines.
Anschließend begab sich der Zug wieder zur Stadt hinunter, deren Häuser
mit Fahnen und Blumen geschmückt waren, und weiter zum Schießplatz, wo
sich ein reges und fröhliches Treiben entfaltete: alle Kinder erhielten
kostenlos Bratwürste, sie machten Spiele und besuchten Buden, Karussells
und Kasperltheater. Jung und alt war begeistert, und überall sah man lachende
Gesichter.4)
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