Beilagen

Titel
Inhalt

Vorwort

Die Andechs-
Meranier

Die Andechs-
Meranier
in Franken:

Kap. 1
Kap. 2
Kap. 3
Kap. 4
Kap. 5
Kap. 6
Kap. 7

Literatur

Karte Europa

Karte Franken

 

Stammtafel

Abbil-
dungen:

Bbger Dom
Plassenburg
Niesten

 

Karlheinz Hößel

DIE ANDECHS - MERANIER IN FRANKEN

1.   Besitzerwerb und Ausbau der Herrschaft in Franken im 12. Jahrhundert

1.1 Herkunft der Familie und erster Kontakt mit Franken

Altbayerische Wurzeln

Kurz nach 1000 lässt sich die Familie der Andechser als Inhaber einer Grafschaft an der oberen Isar sicher nachweisen. Bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts gelang es ihr, zwischen oberem Lech und oberer Isar ein relativ geschlossenes Gebiet zu arrondieren. Weiteren Zuwachs erlangte sie vor allem unter Graf Otto II. im Süden, im Inntal und in Niederösterreich.

Erster fränkischer Besitz um Bayreuth

Ein Verwandter dieses Grafen, Graf Arnold von Dießen, nachweisbar seit 1070, war der erste Andechser, der mit Franken in Kontakt geriet, und zwar über eine Heiratsbeziehung. Graf Arnold, ursprünglich vor allem am Ammer- und Starnbergersee begütert, war verheiratet mit Gisela, der jüngsten Tochter des Schweinfurter Markgrafen Otto. Die Schweinfurter, im 10. Jahrhundert eine der einflussreichsten Familien Frankens, hatten einen großen Teil ihrer Besitzungen im Konflikt mit Kaiser Heinrich II.. verloren, behielten aber aufgrund ihrer Eigengüter in Oberfranken einige Macht, die sie wohl auch durch Rodungen und neue Burgengründungen, z. B. Giech und Lichtenfels, in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts auszubauen suchten. Als Markgraf Otto 1057 ohne männliche Nachkommen starb, ging sein Erbe auf seine vier Töchter und seine Witwe über.

Auf diese Weise gelangten Ländereien um Bayreuth und wohl auch um die Plassenburg, Tochter Giselas Erbanteil, an ihren Mann und bildeten das Ausgangsgebiet andechsischer Macht in Franken.

Erste Ausbauphase im Zweimainland

Arnolds Söhne teilten das väterliche Erbe auf, Gebhard erhielt den Besitz am Inn und die Hallgrafschaft, während Berthold II. die altbayerischen und fränkischen Güter in Besitz nahm. In Oberfranken hatten die Bischöfe von Bamberg spätestens im 12. Jahrhundert damit begonnen, ihr Hochstift durch einen Burgenkranz zu sichern, wobei die meisten dieser Anlagen erworben, nur wenige neu errichtet wurden. So sicherte eine Kette von Burgen von Pottenstein über Gößweinstein bis nach Niesten den bischöflichen Einfluss im Jura. Ähnlich wurde am Nordrand des Steigerwaldes und in anderen Gebieten verfahren.

Um damit konkurrieren zu können, entschloss sich Berthold II., gestorben 1151, zu einer intensiveren Herrschaftsgestaltung in seinen fränkischen Besitzungen: Wohl kurz nach 1130 begannen die Andechser sich verstärkt den Kulmbacher Raum zu erschließen. Dort hatte die Adelsfamilie der Walpoten bis dato den größten Einfluss. Dieses edelfreie Geschlecht hatte seinen Stammsitz auf der Burg Zwernitz und bedeutenden Besitz im und am Jura.

1135 nannte sich Berthold II. erstmals nach der Plassenburg, beherrschte damit also die zentrale Befestigung der Gegend. Diese erste Plassenburg lag noch auf der Anhöhe des Buchbergs bei Kulmbach und wurde erst im 14. Jahrhundert im Kampf zwischen den Grafen von Orlamünde, den Andechser Erben in diesem Gebiet, und ihren Ministerialen zerstört. In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts ging vom Andechser auch der Anstoß zur Marktgründung Kulmbachs aus, wobei bereits vorhandene kleinere Siedlungsstellen zu einem Kern zusammengeschlossen wurden, ein Vorgang, der bis ca. 1160 abgeschlossen gewesen sein dürfte.

Das andechsische Engagement in der Reichspolitik ließ allerdings nicht allzu viele Aufenthalte in den neu erschlossenen Gebieten zu. Bereits 1149 benannte sich deshalb eine Ministerialenfamilie „von Blassenberc" und vertrat hier wohl die Andechser als Inhaber des Radenzgau-Gerichtes.

 

1.2 Chunizas Erbe: Stützpunkte am Obermain

Der Erbgang

Auch der nächste Schritt zur Herrschaftserweiterung in Franken ergab sich über eine Heiratsverbindung. Die Burgen Giech mit Scheßlitz sowie Lichtenfels hatte die Witwe des bereits erwähnten letzten Schweinfurters erhalten. Sie vererbte die Güter ihrem Sohn aus zweiter Ehe, Markgraf Ekbert II. von Meißen. Dessen Witwe übertrug den Besitz ihrer Schwester Kunigunde von Beichlingen, die ihrerseits ihre Tochter Mechthild damit ausstattete. Deren Tochter Adela, die die Burgen noch zu Lebzeiten der Mutter erhalten hatte, heiratete einen Reginboto, der sich seit 1130 „comes de Giche" nannte. Aus dieser Ehe stammt die Tochter Chumza, die den Grafen Poppo I. von Andechs-Plassenberg heiratete, einen Sohn Bertholds Il.

Der Streit um das Erbe

Damit gelangte weiterer Besitz aus dem Schweinfurter Erbe über die erwähnten Erbfälle in die Hände der Andechser.

Deren Besitz bildete nun aber gleichsam einen Sperrriegel zwischen den Gütern der Bamberger Bischöfe um Banz und denen um Alten- bzw. Burgkunstadt sowie denen auf dem Jura. Zudem konnten sie im Besitz der Burg Lichtenfels die Straße von Bamberg nach Kronach kontrollieren. Bischof Egilbert reagierte auf diese Bedrohung mit der Scheidung der Ehe zwischen Chumza und Poppo. Chumza übereignete daraufhin ihre Erbschaft dem Hochstift und trat selbst in ein Kloster ein.

Ihr Mann Poppo war allerdings nicht bereit, diese Besitzveränderungen ohne weiteres anzuerkennen, zumal aus der Ehe bereits ein Sohn, Heinrich, hervorgegangen war. So entspann sich eine mehrjährige Fehde, die erst 1143 mit einem Schiedsvertrag beigelegt wurde. Der Bischof erhielt die Befestigungen vor der Burg Giech, bei denen es sich um einen Vorgängerbau der heutigen Anlage handeln dürfte, außerdem die Hälfte der Burg Lichtenfels. Jede der beiden Parteien sollte einen Vertreter in die Burg setzen, wobei der Bischof nur gräfliche Vasallen erwählen durfte, was natürlich den Andechsern ein gewisses Übergewicht verlieh. Die von diesen eingesetzten Ministerialen nannten sich wohl schon von Beginn an nach Lichtenfels, als solche sind sie seit 1157 bezeugt. Man nimmt an, dass es sich bei ihnen vielleicht um einen Zweig der Schönbrunn handelt. Nach 1327 gilt das Geschlecht als ausgestorben. Der Bischof behielt außerdem Oberwallenstadt, Seubelsdorf, Mistelfeld und Schletten. Der Rest des Besitzes und auch die Grafschaft im Radenzgau gingen an Poppo, seinen Bruder Berthold III.. und seinen Sohn Heinrich auf Lebenszeit. Da man mit weiteren Auseinandersetzungen zu rechnen schien, legte man sich auch gleich auf ein Sühneverfahren fest, für den Fall, dass eine Partei der anderen in Zukunft Schaden zufügen sollte.

Versuche Bischof Eberhards II. (1146-1170), die Abmachungen dadurch außer Kraft zu setzen, dass er ein Darlehen an die Konkurrenten vergab und als Pfand die strittigen Burgen verlangte, scheiterten an der korrekten Rückzahlung der Schulden. Als Poppo 1148 beim z. Kreuzzug in Byzanz starb, entbrannte der Erbschaftsstreit nochmals. Als alleiniger Erbe trat nun Berthold III. (gestorben 1188) auf, da Poppos Sohn Mönch in Admont geworden war. Der GiechburgVertrag von 1149, abgeschlossen mit Bischof Eberhard II., regelte die Angelegenheiten schließlich folgendermaßen: Berthold III. und sein ältester Sohn wurden mit den umstrittenen Burgen belehnt, für Lichtenfels sollte jede Partei einen Kastellan einsetzen, die zusammenwirken sollten. Für die Giechburg sind seit 1149 andechsische Ministerialen belegbar. Ein „Eberhardus de Giecheburc" erscheint als letzter Zeuge Graf Bertholds III. im Giechburgvertrag.

Weiterer Machtausbau

Der Bischof hatte außerdem erreicht, dass die meranischen Festungen in Oberwallenstadt und Altentrebgast zu schleifen seien, was auch geschah. Altentrebgast als befestigter Ort und Altenstadt als Zollstätte waren die ältesten andechsischen Schwerpunkte im Bayreuther Gebiet. Als Ersatz für die Schleifung Altentrebgasts ist wohl die Gründung Bayreuths um 1160 anzusehen, dessen Kern ein Burgenbau im Bereich des heutigen „alten Schlosses" war. Zur Stärkung dieser Neugründung ließ der meranische Graf den Fernhandelszug, der bisher durch Altenstadt verlief, in die neue Siedlung verlegen, womit Altenstadt seine bisherigen Funktionen weitgehend verlor.

Dass die Macht der Andechser unter Berthold III. entscheidend verstärkt wurde, mag auch die Tatsache belegen, dass es dem Grafen gelang, die Vogteien über Kloster Langheim und St. Getreu in Bamberg zu gewinnen.