Beilagen
Titel
Inhalt
Vorwort
Kap I:
Die Herkunft der
frühen Bauern
Kap.
II:
Siedlungen zw.
Main und Itz
II.1:
Landschaft-
liche
Situation
II.2:
Siedlungsgeologie
II.3:
Dorfanlage
Kap.
III:
Draisdorf
III.1:
topografische
Lage
III.2:
Fundgut
Keramikfunde
in Draisdorf
Geräte aus
Felsgestein
Geräte aus
Sandstein
Geräte aus
Feuerstein
III.3:
Vorstellungswelt
der Bauern
Bildtafeln
Tafel
1: Keramik
Tafel
2: Keramik
Tafel
3: Steingerät
Tafel
4: Steingerät
Tafel
5: Silex
Literatur
Bild-
nachweis
| |
Kleingeräte aus Silex (Feuerstein)
|
Schon
seit der Altsteinzeit bilden Feuersteine und mineralogisch verwandte
Gesteinsarten (Sammelbegriff: Silex) aufgrund ihrer besonderen
Eigenschaften den bevorzugten Rohstoff für die Herstellung spezieller
Steingeräte. Bei den archäologisch bedeutenden Gesteinstypen wie
Feuerstein, Hornstein und Radiolarit handelt es sich um "ein sehr
feinkörniges, dichtes und hartes kieselsäurehaltiges Gestein, das sich
nicht mit einer Stahlklinge ritzen lässt." 20)
Abschläge
von Hornstein oder Feuersteinknollen sind "... hart wie Glas und an
den frischen Bruchkanten scharf wie Rasierklingen. Deshalb ist es nicht
allzu weit hergeholt, den Silex als Stahl der Steinzeit zu
bezeichnen." 21)
Die
Menschen der Vorzeit fanden also in diesem Material einen idealen
Werkstoff vor, den sie mit großer Kenntnis und Erfahrung zu bearbeiten
wussten. Das Rohmaterial wurde, wenn irgend möglich, aus der näheren
Umgebung besorgt. So besteht der überwiegende Anteil des Silexmaterials
von jungsteinzeitlichen Siedlungsplätzen aus heimischem Jurahornstein,
der auf den Höhen der fränkischen Alb sehr häufig vorkommt. Qualitätsvollere
Materialien wie z.B. nordischer Feuerstein oder der gebänderte
Plattenhornstein aus Niederbayern wurden importiert. Ein regelrechter
Silexuntertagebau wurde 1984 in einer Sandgrube bei Arnhofen, Kreis
Kelheim (Niederbayern), entdeckt und archäologisch untersucht 22).
Derartige
Feuersteinbergwerke konnten in Mitteleuropa häufiger nachgewiesen
werden und zeugen von der steigenden Nachfrage nach diesem Werkstoff
infolge zunehmenden Bevölkerungswachstums.
Bei
der Herstellung der Steingeräte wurde zunächst eine Silexknolle
halbiert. Von der glatten Bruchfläche erfolgte dann das Abschlagen der
Klingen in unterschiedlichen Techniken. Die einfachste Möglichkeit war
der direkte Schlag mit einem Schlagstein (Hammerstein). Sehr
wahrscheinlich aber wurde die Technik des indirekten Schlages
angewendet, wobei man ein meiselartiges Zwischenstück aus Geweih, Holz
oder Stein benutzte. Diese Methode ermöglichte das Abtrennen von
relativ gleichmäßigen, langen und dünnen Abschlägen, die man als
Klingen bezeichnet. Die nach dem Abspalten der Klingen übrigbleibende
Restknolle, der sogenannte Kernstein (Nukleus), weist die
charakteristischen Abschlagbahnen auf und ist oft im jungsteinzeitlichen
Fundmaterial anzutreffen. (Abb. 13)
|
|
Abb. 13: Klingenherstellung
A
Feuersteinrohknolle |
F
Kernstein (Nukleus) mit Abschlagbahnen |
B
Halbierte Knolle mit Schlagfläche |
G
Klingenvorderseite mit Schneidekanten |
C
Anlegen eines Leitgrats |
H
Klingenrückseite mit Schlagbuckel (Bulbus) und Schlagwellen |
D/E
Abspalten der Klingen mit einem Zwischenstück aus Knochen
(Knochenmeißel) |
|
Die
Klingen ihrerseits besaßen meist derartig scharfe Kanten, dass man sie
unbearbeitet als Schneidewerkzeuge (Messer) gebrauchen konnte. Sie
bilden aber auch das Ausgangsmaterial für verschiedene Gerätetypen wie
z.B. Kratzer, Bohrer und Pfeilspitzen. Für diese speziellen Funktionen
wurden die Klingen "retuschiert", d.h. randlich oder flächig
überarbeitet. Dies geschah meist durch Abdrücken von feinsten
Gesteinssplittern am Klingenrand mit einem Holz- oder Geweihstäbchen.
Die genannten Werkzeugformen lassen sich zwar auch mit der bloßen Hand
benützen, aber man darf auch annehmen, dass ein Großteil von ihnen mit
Birkenteer in Holzgriffe eingeklebt war. Grabungen in spätneolithischen
Uferrand- und Moorsiedlungen erbrachten eine Fülle von geschäfteten
Werkzeugen (Messer, Sicheln usw.).
Das
Silexmaterial von Draisdorf besteht überwiegend aus weißgrauem und
gelbgrauem Jurahornstein. Andere im Neolithikum gebräuchliche
Gesteinsarten wie Feuerstein und Lydit sind hier recht selten. Wie auf
allen jungsteinzeitlichen Fundstellen bilden auch in Draisdorf
unbearbeitete Klingen und eine Menge unbrauchbarer Absplisse die
Hauptmasse des Fundgutes.
Um
die wenigen charakteristischen Geräteformen im vergleichenden
Zusammenhang mit Werkzeugformen benachbarter Siedlungsplätze zu sehen,
sind die Draisdorfer Funde zusammen mit jenen von Eggenbach und Stadel
auf einer Tafel (Tafel 5) aufgeführt.
Relativ
häufig kommen einfache, kaum bearbeitete Klingen mit scharfen Kanten
vor, die wohl als Schneidewerkzeuge dienten (Tafel
5; 16-21 - vergleiche auch Eggenbach Tafel 5; 1-5 und Stadel Tafel
5; 30, 34)
Manche
dieser Klingen weisen seitlich am Rand einen "glänzenden Überzug,
die sogenannte Lackpatina oder Sichelglanz" auf (Tafel
5; Eggenbach 1 - 4 und Tafel 5;
Draisdorf 17, 19, 21). Dieser Sichelglanz entsteht, wie Experimente
gezeigt haben, beim Schneiden von kieselsäurehaltigem Getreide oder
Schilfhalmen. Offenbar handelt es sich bei diesen Klingen
(scharfkantigen Abschlägen), die nacheinander in ein gebogenes Stück
Holz oder Geweih eingeklebt waren, um Schneideeinsätze von Sicheln.
(Abb. 14) |
|
Abb. 14: Jungsteinzeitliches Erntemesser
(Sichel) |
Ebenso
wie die schon erwähnten Mahlsteine sind auch diese Einsatzklingen in
kultureller Hinsicht von Bedeutung, da sie den wichtigsten Stellenwert
des Getreideanbaus belegen.
Unter den Werkzeugen mit
deutlichen Bearbeitungsspuren sind so genannte "Kratzer"
relativ häufig anzutreffen. (Tafel 5;
Draisdorf 22 - 26; Eggenbach; 6 - 10; Stadel; 31 - 33) Ihr
charakteristisches Merkmal ist eine steile Rundretusche am oberen
Klingenrand, die als Kratzerkappe bezeichnet wird. Von diesem
Werkzeugtyp gibt es zwei verschiedene Varianten: eine normale, kurze
Form und den längeren Klingenkratzer (Tafel
5; 22). Bei letztgenanntem Gerätetyp handelt es sich um ein
mehrfunktionales Werkzeug, das sich sowohl für Schneide als auch für
Schabarbeiten eignet. Beide Formen wurden sicherlich in der Holz- und
Fellbearbeitung zum Abschaben und Glätten benutzt.
Ziemlich
selten im Fundspektrum neolithischer Siedlungen sind "Bohrer".
So konnte auch in Draisdorf nur ein - allerdings sehr schönes -
Exemplar und ein weiteres Bruchstück gefunden werden (Tafel
5; 28 und Eggenbach Tafel
5; 11, 12). Bei der Herstellung dieser Zweckform wurde die obere
Hälfte einer Klinge beidseitig retuschiert, bis nur noch eine schmale
Spitze blieb. Diese Bohrer fanden Verwendung beim Durchbohren von Leder
und Holz und bei der Herstellung von Schmuckperlen aus Kalkstein.
Noch
seltener als Bohrer findet man Pfeilspitzen auf bandkeramischen
Fundstellen. Diese Tatsache ist ein Hinweis auf die geringe Bedeutung
der Jagd in einer Bauernkultur, die ihre Nahrung durch Getreideanbau und
Tierzucht selbst produziert. Dennoch scheint man die Jagd auf Wildtiere
zur Bereicherung des Nahrungsangebots weiterhin ausgeübt zu haben, wie
die wenigen Pfeilspitzenfunde zeigen.
Als
Bestandteil der Grabbeigaben bandkeramischer Bestattungen kommen
gelegentlich Pfeilspitzen in Männergräbern vor 23).
Die
verschwindend geringe Menge von solchen Funden aus Siedlungen legt die
Vermutung nahe, dass die Bandkeramik eine friedliche Epoche der
Landnahme (Besiedelung) und Kolonisation war.
Erst
in der mittleren und späten Jungsteinzeit treten dann ausgesprochene
Waffenformen (Pfeilspitzen, Steindolche und Äxte) im Fundspektrum häufiger
auf. Diese Beobachtung könnte ein Hinweis auf zunehmend kriegerische
Konflikte um Siedlungsräume infolge steigenden Bevölkerungswachstums
sein.
Die
Geschossspitzen der Bandkeramik besitzen die Form eines langgestreckten
Dreiecks mit gerader Basis. Ihre Herstellung war denkbar einfach und
wenig aufwendig: Ein Klingenabschlag wurde durch beidseitige
Randretusche zu einer symmetrischen Spitze geformt. Oft wurden scharfe
Kanten, soweit sie sich der Dreiecksform anpassten, unbearbeitet
gelassen (übernommen). Der Abschlagbuckel an der Basis wurde durch eine
gezielte Retusche abgearbeitet. Durch den so verringerten Querschnitt
konnte die Spitze besser in den schmalen Schaftspalt eingesetzt werden.
(Abb. 15) |
|
Abb. 15: Pfeilspitzenformen und
Schäftungen
1 Ausgangsform:
Klingenabschlag |
2 bandkeramische
Dreieckspitze mit gerader Basis |
3 spätjungsteinzeitliche
flächenretuschierte Pfeilspitze mit eingezogener Basis |
4 spätjungsteinzeitliche
Spitze mit Schaftdorn |
5 Schäftungen:
a) Birkenteerschäftung b) Bindeschäftung (Bewicklung) |
|
Für die Schäftung der Steinspitzen sind aus spätneolithischen Uferrand- und Moorsiedlungen Süddeutschlands, Schleswig-Holsteins und Dänemarks hauptsächlich zwei verschiedene Befestigungstechniken belegt
(Abb.15). Sehr gut erhalten haben sich hier vor allem
Birkenteerschäftungen: Die Pfeilspitzen wurden mit dem Harz der Birke in den Schaftspalt eingeklebt, so daß nur noch die Spitze und die seitlichen Schneiden sichtbar blieben. Die andere Methode bestand darin, die in den Schaftspalt eingesetzte Pfeilspitze mit einer Bewicklung um das Schaftende zu fixieren.
(Abb.15; 5a + b).
Die Fundstelle von Draisdorf erbrachte trotz intensiver Begehung bisher noch keine bandkeramische Pfeilspitze. Dafür konnte aber eine schlanke, flächenretuschierte Steinspitze aus der mittleren oder späten Jungsteinzeit gefunden werden
(Tafel 5;
29 - Vergleiche auch Tafel
5; 14 + 15 (Eggenbach und Tafel
5; 36 (Stadel)).
Typisch bandkeramische Spitzen sind aus dem Fundmaterial der benachbarten Siedlungen von Eggenbach und Stadel bekannt geworden
(Tafel 5; 13, 35).
Fußnoten:
20) Dietrich, Dankwart:
Gesteinsbestimmungen in der Archäologie, in Hrouda, S. 328 346, hier S.
337
21) Schlichterle, Helmut: Archäologie
in Seen und Mooren, S. 72
22) Engelhardt, H.: Das neolithische
Silexbergwerk von Arnhofen, in: Das archäologische Jahr in Bayern 1984,
S. 35 f
23)
Vgl.: Uenze, Hans Peter: Steinzeit, in Archäologie in Bayern - Vor- und
Frühgeschichte, Ausgrabungen und Funde, S. 27
|
zurück |
Seitenanfang |
weiter |
|